Geburt

 Die Eröffnungsphase zur Geburt begann am Nachmittag des 62. / 60. Trächtigkeitstages mit typischen äußeren Anzeichen wie Hecheln, Unruhe und Scharren in der Wurfkiste. Alle Utensilien für eine Geburt der Welpen lagen bereit und wir stellten uns auf eine lange Nacht ohne Schlaf ein – warum soll es den Züchtern auch besser gehen als der Hündin?! Die Eröffnungswehen, die der inneren Vorbereitung der Geburtswege dienen, dauern einen halben, manchmal einen Tag lang an. So hatte ich noch genug Zeit, einiges nachzulesen, was seit unserem letzten Wurf in Vergessenheit geraten war.
Paula überraschte mich durch ihr Verhalten: keine Panik, keine Hektik, stattdessen Ruhe und Instinktsicherheit. Häufig änderte sie ihre Position, mal sitzend, mal liegend, dann wieder für ein paar Minuten entspannt ausgestreckt. Der oft zu beobachtende Drang, nach Draußen zu wollen, hielt sich in Grenzen. Stattdessen suchte sie nach jedem nächtlichen Gang in den Garten auf direktem Weg die große Wurfkiste wieder auf. Natürlich war ich bei den kurzen Ausflügen immer dabei, bewaffnet mit einer Taschenlampe. Schließlich soll nichts verloren gehen, man weiß ja nie! Es sollte bis zum Morgen um 6.05 Uhr dauern, bis sich in entspannter Schlafposition ein Schwall klarer Fruchtflüssigkeit löste und damit der zweite Geburtsabschnitt, die Austreibungsphase begann. Inzwischen hatte sich wieder ein Großteil der Familie um die Wurfkiste versammelt, wie das bei uns so üblich ist – Paulas vertraute Runde!

     
Paula in der Eröffnungsphase wenige Stunden vor der Geburt

Der erste Welpe eines Wurfes, und insbesondere aus dem ersten Wurf einer Hündin, hat es erfahrungsgemäß am Schwersten, denn mit ihm müssen sich die Geburtswege von einem der beiden Gebärmutterhörner, durch das Becken der Hündin bis zu den äußeren Genitalien dehnen und weiten. 7.15 Uhr setzten bei Paula gelegentlich kurze und unregelmäßige Presswehen ein. Als nach über einer Stunde immer noch kein Welpe geboren wurde, lagen unsere Nerven mehr und mehr blank. Unsere Züchterin und Freundin Bärbel, die selbst gerade einen Wurf aufzieht, konnte telefonisch beruhigen und wusste aus eigener Erfahrung Vergleichbares zu berichten.

8.27 Uhr war es endlich soweit: Eine Presswehe beförderte eine noch geschlossene Fruchtblase mit der Hinterseite des Welpen ans Licht, also mit dem Schwänzchen voran. Für die Geburt von Welpen ist es günstig, wenn die direkt den Welpen umgebende Fruchtblase beim Austritt aus dem Geburtskanal noch nicht gesprungen ist und die Ablösung der Plazenta erst unmittelbar vor der Austreibung erfolgt. So ist der Welpe über die Nabenschnur bis zuletzt über den Blutkreislauf der Mutter mit Sauerstoff versorgt und durch den Wehendruck können bei geschlossener Fruchtblase keine Geburtsflüssigkeiten in die Atemwege des Welpen gepresst werden. In diesem Fall spielt dann weniger eine Rolle, ob der Welpe mit dem Schwanz oder dem Kopf voran geboren wird.

Eine zweite Presswehe beförderte Paulas Erstgeborenen auf die Welt. Da man nie abschätzen kann, inwieweit ein Welpe durch die Geburt geschwächt ist, überlasse ich es grundsätzlich nicht der Hündin, den Welpen auszupacken. Eine unerfahrene Hündin könnte sich damit schon einige Sekunden Zeit lassen und je schneller die Fruchthülle aufgerissen wird und je schneller der Welpe atmen kann, desto besser ist es. Während ich diese Aufgaben erledigte, begann Paula bereits den Welpen intensiv abzulecken und damit auch dessen Kreislauf anzuregen. Es ist unglaublich, welche Instinktleistungen ein seit jahrtausenden domestiziertes Tier vollbringt und einfach weiß, was zu tun ist. Verfechter vollkommen natürlicher Abläufe werden sicher auch meine Handhabung nicht verstehen, den Welpen selbst abzunabeln und den Nabel sicherheitshalber auch abzubinden. Meine Sorge ist einfach zu groß, dass eine unerfahrene Hündin zu kurz abnabeln könnte oder durch grobes Zerren des Welpen an der Nabelschnur Probleme produziert. Unser erster Welpe war ein kleiner Rüde. Bereits 2 Minuten nach der vorgenannten Versorgung begab er sich auf die Suche nach seiner ersten Mahlzeit, nach 5 Minuten hing er an Paulas Zitze und saugte, ein tolles Gefühl!!! Paula zeigte augenblicklich starke Muttergefühle, leckte und säuberte den Welpen immer wieder und fiepte, sobald wir ihn bei den Presswehen der nächsten Geburten etwas zur Seite legen wollten. Um keinen Welpen zu treten, blieb sie bei den weiteren Geburten ruhig liegen und verhielt sich sehr vorsichtig.

     

Der erste Welpe wird begutachtet
     
     
Der kleine Rüde wird mit Farbe markiert

Auch die nächsten beiden Welpen kamen ohne Probleme auf die Welt. Bei Welpen Nummer 4 und 5 ergaben sich wieder Sorgen, denn ein abgehender Schwall gelblichen Fruchtwasser zeigte an, dass die direkte Fruchtblase bereits in den Geburtswegen geplatzt war und – wie sich erst später herausstellte, der ungeschützte Welpe auch noch mit dem Schwanz zuerst geboren wurde. Auf diesen Welpen mussten wir jedoch sehr lange warten. Er wurde erst 40 Minuten nach dem Platzen der Fruchtblase geboren und auch die Plazenta hatte sich bereits 15 Minuten vorher abgelöst, erkennbar am blutigen Ausfluss. Vermutlich war aus jedem der beiden Gebärmutterhörner gleichzeitig ein Welpe vorgeschoben worden, so dass es zu einem Engpass vor dem Becken kam. Jedenfalls schob sich noch ein anderer Welpe vor, der noch in der Fruchtblase eingepackt war. Dieser war – vermutlich durch die „vermutete Welpenkollision“ recht geschwächt, zumal er weniger Gewicht hatte. Es bedurfte Paulas gründlicher Zungenmassage und eines belebenden Tropfens auf die Zunge, um seine Atmung in Gang zu bringen. Aber bereits nach 10 Minuten suchte auch dieser Kleine am Gesäuge nach einer Zitze. Nur kurze Zeit später kam dann der Welpe mit der zuvor geplatzten Fruchtblase zum Glück unbeschadet auf die Welt.

     

Ein Welpe wird mit dem Kopf voran in der geschlossenen Fruchtblase
geboren. Näschen und Maul sind erkennbar.

Die nächste Wehe treibt den Oberkörper aus
Eine weitere Wehe und der Welpe ist auf der Welt
Noch ist der Welpe in der Fruchthülle eingepackt
Nach dem Abnabeln leckt Paula den Welpen ab

Man soll nicht undankbar sein: 5 Welpen waren geboren, alle sehr agil und gesund, vor allem auch die Mutterhündin nach wie vor gut drauf, aber das Geschlechterverhältnis war vor dem Hintergrund unserer wartenden Welpenfamilien nicht gerade ideal: 5 Rüden und noch keine einzige Hündin? Wir malten uns die Enttäuschung der Hündinneninteressenten schon aus.
Zu diesem Zeitpunkt erhielt Paula erstmals einen stärkenden Spezialtrunk und ein paar homöopathische Tropfen zur Unterstützung der Wehentätigkeit.

     
     
     

Schließlich folgte als Nummer 6 die ersehnte Hündin, ebenfalls bei gesprengter Fruchtblase und mit dem Schwanz voran. Nachdem auch sie durch Paula und mich versorgt war, ließ ich Paula in den Garten. Das bedurfte schon einiger sanfter Überredung, ohne die sie die Kleinen jetzt nicht mehr allein gelassen hätte. Draußen zeigte sich Paula wieder mit ihrer früheren sportlichen Figur, der Welpenbauch war verschwunden und ich ging davon aus, dass der Wurf komplett auf der Welt war. Zum ziegten Mal wurde mit Bärbel telefonisch beraten und auch hier war ihre Anmerkung zutreffend, dass vielleicht doch noch ein Welpe fehlt. Und tatsächlich: ein letztes Mal setzen Presswehen ein und unser letzter Welpe wurde um 12.50 Uhr geboren. Und wenn es schon nicht so kommt wie geplant, dann richtig: Es war Rüde Nummer 6.

     

Ein Welpe wird ohne umgebende Fruchtblase geboren. Diese ist schon vorher in den Geburtswegen geplatzt.

 

Der Welpe ist noch über die Nabelschnur mit der Plazenta verbunden

Nachdem sich Paula über die gesamte Geburt so unkompliziert und sicher gezeigt hatte, ließ ich diesen letzten Welpen durch sie selbst abnabeln. Natürlich habe ich sicherheitshalber die Nabelschnur direkt am Welpenbauch mit zwei Fingern festgehalten, damit Paula nicht zu kurz abnabelte. Die letzte Plazenta dieses Welpen entfernte ich diesmal nicht, sondern ließ sie von Paula auffressen. Normalerweise fressen die Hündinnen alle Nachgeburten auf. Sie enthalten einen hohen Anteil an Hormonen, die positiven Einfluss auf die Milchbildung der Hündin nehmen. Allerdings wirken sie andererseits auch stark abführend. Eine muss also reichen!

     

Ein neuer Welpe wird gewogen. Paula passt auf, dass sie ihn wiederbekommt.

 
     
 
     

Der Wurf war komplett und der Züchter total übermüdet, aber glücklich, dass alles so gut abgelaufen war. Meine größte Erleichterung war, wie relativ unbeschwert Paula die Welpen gebar, wie fit sie nach dem Werfen wirkte und mit welcher Hingabe sie jetzt ihre Kleinen versorgte. Paulas starke Bindung zu ihren Menschen zeigte sich beim gesamten Geburtsablauf als auch jetzt. Wenn wir beim Werfen den Raum kurz verließen, schien sie eher beunruhigt, ob wir wohl wiederkommen, um ihr zu helfen. Alles Hantieren bei den Geburten war ihr vertraut, sie leckte ihre Welpen und unsere Hände gleichermaßen. Jedes Aufnehmen der Welpen durch unsere ganze Familie wurde von Paula völlig vertraut und freundlich akzeptiert.

7 Welpen wurden in 4 Stunden und 23 Minuten geboren, eine gute Zeit! Zum Geburtsabschluss gab es für Paula erneut einen speziellen Stärkungstrunk mit einem Aroma nach Hühnersüppchen. Sie ließ es sich schmecken!

     

Ausquartierung während der Reinigung der Wurfkiste

Säugen und ausruhen nach der Geburt

An der Milchquelle

Nach einem kleinen Schlafpäuschen für Hündin und Welpen legten wir die Kleinen in ein Wäschefass mit zwei Wärmflaschen, um Paula in der Zwischenzeit so gut wie möglich abzuwaschen und zu trocknen und außerdem die komplette Wurfkiste zu reinigen und zu desinfizieren.

Das Warmhalten der Welpen ist in den ersten beiden Lebenswochen besonders wichtig, da sie in diesem Alter die eigene Körpertemperatur noch nicht halten können.

Endlich lag Paula mit ihren Kleinen in einer sauberen Wurfkiste, das große Ereignis lag gut gemeistert hinter uns. Trotz aller Müdigkeit war für mich auch jetzt an Ausruhen nicht zu denken. Nun geht die ganze Arbeit erst richtig los, auf die man sich als „Hobbyverrückter“ so langte gefreut hat!

Über die Aufzucht der Welpen berichte ich wochenweise im Wurftagebuch.